Auch wenn Frauen längst nicht mehr nur für Kindererziehung und Haushalt zuständig sind und verstärkt in den öffentlichen Raum vorgedrungen sind, so kann von Gleichberechtigung noch lange keine Rede sein. In vielen Bereichen – von Lohnungleichheit bis hin zur Präsenz in Führungspositionen – herrscht nach wie vor massives Ungleichgewicht. Auch im internationalen Filmgeschäft sind weibliche Filmschaffende nach wie vor in der Minderheit – zumindest was die öffentliche Wahrnehmung und Anerkennung betrifft. Umso wichtiger ist es, dass es Organisationen gibt, die den Blick auf das rege Filmschaffen von Frauen lenken.
Es darf wieder getrickst werden
Eine diesbezüglich ganz besondere Initiative (und obendrein der Kulturfüchsin liebstes Filmfestival) ist das jährlich stattfindende „Tricky Women“ Festival – das einzige für Trickfilm weltweit, das ausschließlich dem Schaffen von Frauen gewidmet ist. Ebenso vielfältig wie die Herkunft der Künstlerinnen (die Teilnehmerinnen stammen von (Süd)Amerika bis Südkorea. Letzteren ist in Kooperation mit dem südkoreanischen Filmverleih „Aniseed“ ein besonderer Schwerpunkt gewidmet), ist die Themenpalette der rund 140 Filme, die dieses Jahr rund um den Frauentag an fünf Tagen über die Leinwand flimmern.
Von 7. bis 11. März wartet das Programm mit einer Vielzahl dokumentarischer und politischer Animationsfilme auf. „Gerade wenn es darum geht persönliche Realitäten sichtbar zu machen (…) oder historische Ereignisse kreativ umzusetzen, offenbart der dokumentarische Animationsfilm seine ganze Stärke“, betonen die Veranstalterinnen.
Dementsprechend lassen sich unter dem Schwerpunkt „Reality Bites“ Arbeiten zur Geschichte des Feminismus und dem Leben von bekannten Frauenrechtskämpferinnen ebenso ausfindig machen wie Filme zu Alltagsrealitäten rund um den Erdball. Ebenfalls in der Schiene vertreten sind der Zeichentrick-Klassiker „Animal Farm“ von 1954 sowie der Langfilm der Berliner Filmemacherin Katrin Rothe „1917 – der wahre Oktober“ über die russische Revolution – erzählt aus der Perspektive einer Gruppe von Künstlern.
Preisgekröntes im Wettbewerb
Als Herzstück des Festivals fungiert erneut der internationale Wettbewerb. Wer immer schon wissen wollte, was ein Dachs nachts betrunken auf der Fahrbahn verloren hat („Nighthawk“ von Spela Cadez) oder wie man richtig Koffer packt („Negative Space“ vo Ru Kuwahata) ist hier richtig. Der Fünfminüter rund um eine schwierige Vater-Sohn-Beziehung ist zudem aktuell für den Oscar im Bereich Animationsfilm nominiert.
Zahlreiche Preise einheimsen konnte auch „Min Börda“ der schwedischen Animationskünstlerin und Bildhauerin Niki Lindroth von Bahr. Der mittels Stop Motion entstandene Film erzählt von einer Gruppe tierischer Kaufhaus-Angestellter – ein dystopisches Musical über „die Einsamkeit des Individuums und die Absurdität der Realität“ wie es im Programm heißt. Frau darf gespannt sein. Ebenfalls im Wettbewerb zu sehen ist „Halmaspiel“ von Betina Kuntzsch. Eine animierte Biografie über die Mutter der Künstlerin, die wegen eines gescheiterten Fluchtversuchs in einem Frauengefängnis in der DDR saß. Ein Nachbau besagten Halmaspiels aus dem Titel, das von den Insassinnen aus Zeitungs- und Seifenresten gebaut wurde, ist in der Ausstellung in der Kro Art Contemporary zu sehen. Die Präsentation erforscht Wechselwirkungen zwischen Kunst und Politik und ist eine von zwei Ausstellungen, die im Rahmen des Festivals zu sehen sind. Während in der Kro Art Contemporary mit Filmkulissen, Animationsfilmpuppen und Hintergründe aus Filmen von Katrin Rothe, Betina Kuntzsch und Lauren Orme aufwartet, lädt der Bildraum 07 mit der preisgekrönten Virtual-Reality-Installation „Nothing Happens“ von Michelle und Uri Kranot – ein winterliches Panorama aus Zeichnung und Malerei, rotoskopisch bearbeitet in 3D – in eine Alternativwelt ein.
Wie Frauen leben
In unterschiedliche Welten können sich die Kinobesucherinnen und -besucher auch mit den Filmen bei den FrauenFilmTagen entführen lassen. Neben einer handvoll Österreich-Premieren (darunter auch der Eröffnungsfilm „The Eternal Feminine“ über die mexikanische Schriftstellerin Rosario Castellano), widmet sich das Festival heuer mit Filmen wie „Alanis“ – aus dem Leben einer Sexarbeiterin und Mutter in Buenos Aires – und „Amazonas“ – eine Mutter-Tochter-Reise durch Kolumbien – verstärkt den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen in Lateinamerika.
Mit dem beim österreichischen Filmpreis ausgezeichneten Historiendrama „Licht“ über die blinde Pianistin Resi Paradis (unter anderem für Kamera, Kostüm und Szenenbild) von Barbara Albert, „Das kleine Vergnügen“ von Julia Frick – die Geschichrte einer Frau, die einen Neuanfang mit der Eröffnung einer Boutique für Sexspielzeug wagt – und „Die Geträumten“ von Ruth Mader, befinden sich zudem auch drei Arbeiten von österreichischen Regisseurinnen im Programm. Sowohl für „Licht“ als auch für den mit dem Diagonale-Preis ausgezeichneten Film „Die Geträumten“ zeichnete Lisa Oláh für das Casting verantwortlich. Oláh wird heuer bei den Frauenfilmtagen eine Personale zuteil.
Das Tribute gilt der deutschen Filmemacherin Ula Stöckl, deren Film „Neun Leben hat die Katze“ von 1968 als erster feministischer Film der BRD gilt.
Hier wie dort ein abwechslungsreiches Programm mit Blick auf Historisches und Aktuelles.
TRICKY WOMEN 2018
Internationales Animationsfilmfestival
7. bis 11. März
METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4
1010 Wien
Tel.: +43 1 512 18 03
[email protected]
www.trickywomen.at/festival
FrauenFilmTage
1. bis 8. März 2018
Stadtkino im Künstlerhaus
Akademiestraße 13
1010 Wien
Tel.: +43 1 712 62 76
www.frauenfilmtage.at
© Fotos: Tricky Women; FrauenFilmTage
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